Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13. März 2025, Rs. C‑589/23

 

Begriff der „pharmakologischen Wirkung“

 

Entscheidungssatz des Gerichts:

Richtlinie 2001/83/EG Art. 1 Nr. 2 Buchst. b

 

Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass bei einem Stoff, der durch eine reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich diese an menschliche Zellen binden, davon auszugehen ist, dass er eine „pharmakologische Wirkung“ im Sinne dieser Bestimmung ausübt.

 

Urteil

 

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. 2004, L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).

 

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Cassella-med GmbH & Co. KG (im Folgenden: Cassella-med) und der MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft mbH (im Folgenden: MCM Klosterfrau) auf der einen Seite und dem Verband Sozialer Wettbewerb e. V. (im Folgenden: VSW) auf der anderen Seite über die Vermarktung von zwei als „Femannose“ und „Femannose N“ bezeichneten Produkten durch Cassella-med als zur Behandlung und Prävention von Harnwegsinfekten bestimmten Medizinprodukten und über die Werbung von MCM Klosterfrau für „Femannose N“.

 

Rechtlicher Rahmen

 

Richtlinie 93/42

3 Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. 1993, L 169, S. 1) in der durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 (ABl. 2007, L 247, S. 21) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/42) bestimmte:

 

„(2) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen:

 

a),Medizinprodukt‘: alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe oder anderen Gegenstände, einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische und/oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für folgende Zwecke bestimmt sind:

 

·        Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten;

·        Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen;

·        Untersuchung, Ersatz oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs;

·        Empfängnisregelung,

 

und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.“

 

4 Art. 1 Abs. 5 Buchst. c der Richtlinie 93/42 sah vor:

 

„Diese Richtlinie gilt nicht für

 

 

c) Arzneimittel im Sinne der [Richtlinie 2001/83]; die Entscheidung darüber, ob ein Produkt unter die vorgenannte oder die vorliegende Richtlinie fällt, erfolgt insbesondere unter Berücksichtigung der hauptsächlichen Wirkungsweise des Produkts“.

 

5 Diese Richtlinie wurde, was u. a. ihren Art. 1 betrifft, ab dem 26. Mai 2021 durch die Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. 2017, L 117, S. 1, berichtigt in ABl. 2021, L 241, S. 7) in der durch die Verordnung (EU) 2020/561 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte hinsichtlich des Geltungsbeginns einiger ihrer Bestimmungen (ABl. 2020, L 130, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung 2017/745) aufgehoben.

 

Richtlinie 2001/83

6 Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

 

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

 

 

2. Arzneimittel:

 

a) Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder

 

b) alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.“

 

7 Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

 

„In Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von,Arzneimittel‘ als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, gilt diese Richtlinie.“

 

Richtlinie 2004/27

8 Im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/27 heißt es:

 

„Insbesondere aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts sollten die Begriffsbestimmungen und der Anwendungsbereich der [Richtlinie 2001/83] geklärt werden, damit hohe Standards bei der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Humanarzneimitteln erreicht werden. Damit zum einen das Entstehen neuer Therapien und zum anderen die steigende Zahl von so genannten,Grenzprodukten‘ zwischen dem Arzneimittelbereich und anderen Bereichen Berücksichtigung finden, sollte die Begriffsbestimmung des Arzneimittels geändert werden, um zu vermeiden, dass Zweifel an den anzuwendenden Rechtsvorschriften auftreten, wenn ein Produkt, das vollständig von der Definition des Arzneimittels erfasst wird, möglicherweise auch unter die Definition anderer regulierter Produkte fällt. Diese Definition sollte die Art der Wirkung, die das Arzneimittel auf die physiologischen Funktionen haben kann, spezifizieren. …“

 

Verordnung 2017/745

9 Art. 1 Abs. 6 der Verordnung 2017/745 bestimmt:

 

„Diese Verordnung gilt nicht für

 

 

b) Arzneimittel im Sinne des Artikels 1 Nummer 2 der [Richtlinie 2001/83]. Bei der Entscheidung, ob ein Produkt in den Geltungsbereich der [Richtlinie 2001/83] oder dieser Verordnung fällt, ist insbesondere die hauptsächliche Wirkungsweise des Produkts zu berücksichtigen,

 

…“

 

10 In Art. 2 dieser Verordnung heißt es:

 

„Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

 

1. ,Medizinprodukt‘ bezeichnet ein Instrument, einen Apparat, ein Gerät, eine Software, ein Implantat, ein Reagenz, ein Material oder einen anderen Gegenstand, das dem Hersteller zufolge für Menschen bestimmt ist und allein oder in Kombination einen oder mehrere der folgenden spezifischen medizinischen Zwecke erfüllen soll:

 

·        Diagnose, Verhütung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,

·        Diagnose, Überwachung, Behandlung, Linderung von oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,

·        Untersuchung, Ersatz oder Veränderung der Anatomie oder eines physiologischen oder pathologischen Vorgangs oder Zustands,

·        Gewinnung von Informationen durch die In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper – auch aus Organ‑, Blut- und Gewebespenden – stammenden Proben

 

und dessen bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, dessen Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.

 

…“

 

11 Diese Verordnung gilt gemäß ihrem Art. 123 Abs. 2 ab dem 26. Mai 2021.

 

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

 

12 Cassella-med vertrieb das Produkt Femannose als Medizinprodukt „zur Behandlung und Prävention von Zystitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten“. In dem Produkt waren als wesentliche Bestandteile D‑Mannose und Cranberry-Extrakt enthalten. Seit Oktober 2017 bringt sie unter der Bezeichnung „Femannose N“ ein Produkt in den Verkehr, das im Unterschied zu Femannose kein Cranberry-Extrakt enthält und auf dessen Verpackung es heißt: „zur Prävention und unterstützenden Behandlung von Zystitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten“.

 

13 MCM Klosterfrau betreibt eine Internetseite, auf der das Produkt Femannose bis Oktober 2017 beworben wurde.

 

14 VSW, ein Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrnehmung gewerblicher Interessen seiner Mitglieder gehört, von denen eine Vielzahl Arzneimittel und Medizinprodukte vertreibt, erhob beim Landgericht Köln (Deutschland) Klage gegen Cassella-med und MCM Klosterfrau, um das Inverkehrbringen von und die Werbung für Femannose und Femannose N als Medizinprodukte verbieten zu lassen.

 

15 VSW ist nämlich der Auffassung, dass es sich bei diesen Produkten nicht um Medizinprodukte, sondern um unstreitig nicht zugelassene Arzneimittel handele.

 

16 Mit Urteil vom 15. Januar 2020 gab das Landgericht Köln der Klage statt.

 

17 Die von Cassella-med und MCM Klosterfrau gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht Köln (Deutschland) mit Urteil vom 23. Dezember 2020 zurückgewiesen.

 

18 Dieses Gericht war der Auffassung, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Produkte Funktionsarzneimittel im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 seien, deren pharmakologische Wirkung durch D‑Mannose ausgeübt werde. Um zu diesem Schluss zu gelangen, nahm es auf die Feststellungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen (im Folgenden: Sachverständiger) Bezug, dem zufolge dieser Wirkstoff, indem er sich im Urin an das bei Escherichia-coli-Bakterien vorhandene Adhäsin FimH anhefte, die Bakterien daran hindere, an bestimmte Strukturen an der Blasenwand anzudocken, was einen Eingriff in die physiologischen Abläufe dieses Bakteriums und in die pathophysiologischen Abläufe der Harnwegsinfektion darstelle.

 

19 Das Gericht bezog sich auf die von der Generaldirektion „Unternehmen und Industrie“ der Europäischen Kommission erlassene Leitlinie mit der Bezeichnung „Medical Devices: Guidance document – Borderline products, drug-delivery products and medical devices incorporating, as integral part, an ancillary medicinal substance or an ancillary human blood derivative – MEDDEV 2.1/3 rev. 3“ („Medizinprodukte: Leitlinie – Grenzprodukte, Produkte zur Verabreichung von Arzneimitteln und Medizinprodukte, die als integralen Bestandteil einen Hilfsarzneimittelstoff oder einen aus menschlichem Blut gewonnenen Hilfsstoff enthalten“) (im Folgenden: Meddev-Leitlinie), die den Begriff „pharmakologische Mittel“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42 dahin definiert, dass sie u. a. eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffes und einem zellulären Bestandteil, gewöhnlich als „Rezeptor“ bezeichnet, der die Reaktion auf ein anderes Agens blockiert, voraussetzt.

 

20 Da das Oberlandesgericht Köln der Auffassung war, dass D‑Mannose auf FimH-Adhäsine als Blockade der Antwort auf ein anderes Agens wirke, entschied es, dass dieser Wirkstoff eine pharmakologische Wirkung im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 ausübe, wobei die Frage, ob die Bindung der D‑Mannose an das Bakterium reversibel sei, unerheblich sei.

 

21 Cassella-med und MCM Klosterfrau legten beim Bundesgerichtshof (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, gegen das Urteil vom 23. Dezember 2020 Revision ein.

 

22 Vor diesem Gericht machten Cassella-med und MCM Klosterfrau u. a. geltend, dass eine physikalisch reversible Bindung zwischen einem Wirkstoff und einem zellulären Bestandteil nur eine Wechselbeziehung begründe, die für die Feststellung einer von der in Rdnr. 19 des vorliegenden Urteils genannten Definition verlangten chemisch-pharmakologischen Wechselwirkung unzureichend sei.

 

23 Um davon ausgehen zu können, dass es eine Blockade der Reaktion auf ein „anderes Agens“ im Sinne dieser Definition gebe, müsse es sich zum einen bei dem blockierten Stoff um ein „Agens“ handeln, also einen Stoff, der eine bestimmte (schädliche) Wirkung auf eine Zielzelle ausüben solle, und zum anderen müsse, wie aus der Verwendung des Wortes „andere“ hervorgehe, das blockierte Agens von dem an der Wechselwirkung beteiligten zellulären Bestandteil verschieden sein. Keine der beiden Voraussetzungen sei vorliegend erfüllt.

 

24 Des Weiteren beanstanden Cassella-med und MCM Klosterfrau den Standpunkt des Oberlandesgerichts Köln, dass die in Rede stehenden Produkte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch physiologische Funktionen des Menschen in signifikanter Weise im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 wiederherstellten, korrigierten oder beeinflussten. Die einer therapeutischen oder präventiven Wirkung inhärente Beeinflussung physiologischer Funktionen allein reiche für die Annahme eines Funktionsarzneimittels nicht aus. Der angestrebte therapeutische Zweck müsse durch einen erheblichen Eingriff in die physiologischen Funktionen des menschlichen Körpers erreicht werden, der als „pharmakologisch“ qualifiziert werden könne, was bei D‑Mannose nicht der Fall sei.

 

25 Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass der bei ihm anhängige Rechtsstreit von der Beantwortung der Frage abhänge, ob die betreffenden Produkte eine pharmakologische Wirkung hätten und ob sie die menschlichen physiologischen Funktionen in signifikanter Weise beeinflussen könnten, so dass sie als Funktionsarzneimittel im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 eingestuft werden müssten.

 

26 In Bezug auf die pharmakologische Wirkung dieser Produkte führt das vorlegende Gericht im Einzelnen aus, dass nach dem Sachverständigen die Bindung zwischen D‑Mannose und den Bakterien durch Wasserstoffbrücken erfolge, was entgegen dem, was die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens geltend machten, nicht als rein mechanischer oder physikalischer Mechanismus anzusehen sei. In diesem Sinne könne die Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen eine „Wechselwirkung“ im Sinne der Definition in Rdnr. 19 des vorliegenden Urteils darstellen, die für die Hauptwirkung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Stoffes ursächlich wäre. Diese Frage müsse allerdings durch den Gerichtshof geklärt werden.

 

27 Nach der sich aus dem Urteil vom 6. September 2012, Chemische Fabrik Kreussler (C‑308/11, EU:C:2012:548, Rdnr. 31 und 32), ergebenden Rechtsprechung könne ein Stoff, deren Moleküle keine Wechselwirkung mit einem zellulären Bestandteil eines Menschen aufwiesen, gleichwohl aufgrund ihrer Wechselwirkung mit anderen im Organismus des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteilen wie Bakterien, Viren oder Parasiten bewirken, dass physiologische Funktionen beim Menschen wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst würden.

 

28 Der Meddev-Leitlinie ließen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, die auf das Erfordernis einer dauerhaften Bindung zwischen dem fraglichen Stoff und einem Zellbestandteil schließen ließen, was den Standpunkt des Oberlandesgerichts Köln in der Berufungsinstanz untermauere, wonach es im Fall des Bestehens einer solchen Wechselwirkung auf die Frage der Reversibilität der mit einem Zellbestandteil eingegangenen Bindung nicht ankomme. Allerdings bedürfe es auch hierzu einer Klärung durch den Gerichtshof.

 

29 Das vorlegende Gericht führt aus, es müsse auch die Frage entscheiden, ob die Wirkweise von D‑Mannose dahin zu verstehen sei, dass sie in der „Blockade der Antwort auf ein Agens“ im Sinne der in Rdnr. 19 des vorliegenden Urteils genannten Definition bestehe.

 

30 Zum einen könnte man, legte man das von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens vertretene Begriffsverständnis zugrunde, nach dem es sich bei einem Agens um einen Stoff handele, der eine bestimmte Wirkung auf eine Zielzelle ausüben solle, zu Recht einwenden, dass Glykoproteine auf den Zellmembranen der Harnwege nicht als Agenzien angesehen werden könnten, weil von ihnen keinerlei Wirkung ausgehe. Jedoch erscheine das vom Oberlandesgericht Köln in der Berufungsinstanz zugrunde gelegte weite Begriffsverständnis des Begriffes „Agens“ überzeugend. Zahlreiche Gesichtspunkte sprächen für eine solche Auslegung dieses Begriffs, wonach darunter allgemein ein Bindungspartner zu verstehen sei, ohne Vorgaben zur stofflichen oder strukturellen Beschaffenheit dieses Bindungspartners zu machen. Viele Arzneimittel wirkten nämlich in der Weise, dass sie die Reaktion eines zellulären Bestandteils auf Bestandteile des menschlichen Körpers blockierten. Das sei z. B. bei den vom Sachverständigen angeführten Beta-Blockern und „Attachment‑Inhibitoren“ im Rahmen der Therapie von Infektionen mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) der Fall.

 

31 Zum anderen habe das Oberlandesgericht Köln in der Berufungsinstanz festgestellt, dass D‑Mannose die Bindung zwischen dem FimH-Adhäsin auf dem Bakterium (Rezeptor) und bestimmten Strukturen an der Blasenwand (anderes Agens) blockiere, was nach Ansicht des Oberlandesgerichts der maßgeblichen Definition entspreche. Somit sei selbst nach dem Begriffsverständnis des Oberlandesgerichts Köln das blockierte Agens von dem an der Wechselwirkung beteiligten zellulären Bestandteil verschieden.

 

32 Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

Handelt es sich um eine pharmakologische Wirkung im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b Fall 1 der Richtlinie 2001/83, wenn die in Frage stehende Substanz (hier: D‑Mannose) durch eine im Wege von Wasserstoffbrücken vermittelte reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich die Bakterien an menschliche Zellen (hier: die Blasenwand) binden?

 

Zur Vorlagefrage

 

33 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 dahin auszulegen ist, dass bei einem Stoff, der durch eine reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich diese an menschliche Zellen binden, davon auszugehen ist, dass er eine „pharmakologische Wirkung“ im Sinne dieser Bestimmung ausübt.

 

34 Einleitend ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 als „Funktionsarzneimittel“ alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen gelten, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen (Urteil vom 13. Oktober 2022, M2Beauté Cosmetics, C‑616/20, EU:C:2022:781, Rdnr. 28).

 

35 Zum anderen ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42, dass ein Stoff, der u. a. zur Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten bestimmt ist, als „Medizinprodukt“ einzustufen ist, sofern seine bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird.

 

36 Daraus folgt, dass ein Stoff nicht als „Medizinprodukt“ eingestuft werden kann, wenn die bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper durch pharmakologische Mittel erreicht wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2023, Bundesrepublik Deutschland [Nasentropfen], C‑495/21 und C‑496/21, EU:C:2023:34, Rdnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

37 Zwar werden die Ausdrücke „pharmakologische Wirkung“ im Sinne der Richtlinie 2001/83 und „[Wirkung] durch pharmakologische … Mittel“ im Sinne der Richtlinie 93/42 in diesen Richtlinien nicht definiert, sie beziehen sich jedoch beide auf dieselbe Art von Wirkung, nämlich eine pharmakologische Wirkung, und sind daher einheitlich auszulegen.

 

38 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift nicht nur ihr Wortlaut entsprechend seinem üblichen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Oktober 2022, M2Beauté Cosmetics, C‑616/20, EU:C:2022:781, Rdnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

39 Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff „pharmakologische Wirkung“ die Wirkungen eines Stoffes auf einen lebenden Organismus, insbesondere zu therapeutischen oder präventiven Zwecken.

 

40 Diese Definition wird durch die Leitlinien bestätigt, die von einer Gruppe von Experten aus nationalen Stellen, Kommissionsdienststellen und Berufsorganisationen der Industrie erstellt wurden. Auch wenn sie rechtlich nicht bindend sind, können diese Leitlinien nämlich zweckdienliche Anhaltspunkte für die Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen des Unionsrechts liefern und damit zu deren einheitlicher Anwendung beitragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2012, Chemische Fabrik Kreussler, C‑308/11, EU:C:2012:548, Rdnr. 25).

 

41 Im vorliegenden Fall ist für die Ermittlung der Tragweite des Begriffs „pharmakologische Wirkung“ insbesondere die Meddev-Leitlinie maßgeblich, die, wie aus ihrem Titel und ihrem Vorwort hervorgeht, unter Federführung der Kommission für die Zwecke der Anwendung der Unionsrichtlinien zu Medizinprodukten erstellt wurde und u. a., wie aus Abschnitt A dieser Leitlinie hervorgeht, den zuständigen Behörden helfen soll, Medizinprodukte von Arzneimitteln zu unterscheiden.

 

42 Gemäß Punkt A.2.1.1 („Definition des Medizinprodukts“) dieser Leitlinie ist unter dem Begriff „pharmakologische Mittel“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42 eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffes und einem zellulären Bestandteil, gewöhnlich als Rezeptor bezeichnet, zu verstehen, die entweder in einer direkten Reaktion resultiert oder die Reaktion eines anderen Agens blockiert.

 

43 Diese Definition des Begriffs „pharmakologische Mittel“ wurde später in der Leitlinie „MDCG 2022 – 5 Rev. 1 – Guidance on borderline between medical devices and medicinal products under Regulation (EU) 2017/745 on medical devices (,MDCG Guidance‘)“ (Leitlinie zur Abgrenzung von Medizinprodukten und Arzneimitteln im Sinne der Richtlinie [EU] 2017/745 über Medizinprodukte, „GCDM-Leitlinie“) (im Folgenden: GCDM-Leitlinie) präzisiert.

 

44 Aus Fn. 6 der im Rahmen der Verordnung 2017/745 erstellten GCDM-Leitlinie geht nämlich hervor, dass die Definitionen in diesem Dokument, u. a. die des Begriffs „pharmakologische Mittel“, die Definitionen der identischen Begriffe in der im Rahmen der Richtlinie 93/42 erstellten Meddev-Leitlinie näher definieren sollen.

 

45 Nach der GCDM-Leitlinie entspricht dieser Begriff einer typischerweise auf molekularer Ebene stattfindenden Wechselwirkung zwischen einem Stoff oder seinen Metaboliten und einem Bestandteil des menschlichen Körpers, die zur Auslösung, Verstärkung, Verringerung oder Blockade physiologischer Funktionen oder pathologischer Prozesse führt.

 

46 Des Weiteren ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Kontext der Auslegung von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 bereits entschieden hat, dass ein Stoff, dessen Moleküle keine Wechselwirkung mit einem zellulären Bestandteil des Menschen aufweisen, gleichwohl aufgrund seiner Wechselwirkung mit anderen im Organismus des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteilen wie Bakterien, Viren oder Parasiten bewirken kann, dass physiologische Funktionen beim Menschen im Sinne dieser Bestimmung wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2012, Chemische Fabrik Kreussler, C‑308/11, EU:C:2012:548, Rdnr. 31). Ebenso wird in der GCDM-Leitlinie präzisiert, dass ein „Bestandteil des menschlichen Körpers“ alle Zellbestandteile umfasst, auch auf oder im Körper vorhandene Krankheitserreger.

 

47 Zweitens ist festzustellen, dass die verlangte Art der Wechselwirkung in der Meddev- und der CGDM-Leitlinie relativ weit definiert ist, nämlich als Wechselwirkung „zwischen den Molekülen“ oder „typischerweise auf molekularer Ebene“, so dass nicht, wie MCM Klosterfrau in ihren schriftlichen Erklärungen geltend macht, von vornherein verlangt werden kann, dass eine solche Wechselwirkung zu einer Änderung der Molekularstruktur des betreffenden zellulären Bestandteils führt.

 

48 Diese Schlussfolgerung wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt, wonach der Begriff „Arzneimittel“ im Sinne der Richtlinie 2001/83 weit auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2007, Antroposana u. a., C‑84/06, EU:C:2007:535, Rdnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

49 Außerdem ist festzustellen, dass in Nr. 1.2.2 der GCDM-Leitlinie durch Wasserstoffbrücken vermittelte Bindungen ausdrücklich als Beispiel für eine „Wechselwirkung“ im Sinne der Definition von „pharmakologischen Mitteln“ genannt werden, wodurch die Auslegung untermauert wird, dass die durch eine Wasserstoffbrücke vermittelte Bindung zwischen einem Stoff und dem betreffenden zellulären Bestandteil eine Wechselwirkung darstellt, die unter die Definition des Begriffs „pharmakologische Mittel“ fällt.

 

50 Drittens geht weder aus den Richtlinien 2001/83 und 93/42 noch aus der Meddev- oder der CGDM-Leitlinie hervor, dass die Moleküle des betreffenden Stoffes zwangsläufig über eine dauerhafte Bindung mit einem zellulären Bestandteil interagieren müssten, so dass – insbesondere in Anbetracht des in Rdnr. 48 des vorliegenden Urteils erwähnten Erfordernisses einer weiten Auslegung des Begriffs „Arzneimittel“ im Sinne dieser Richtlinie – nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei einem Stoff, dessen Bindung an einen zellulären Bestandteil reversibel ist, davon ausgegangen werden kann, dass er eine pharmakologische Wirkung im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 ausübt.

 

51 Viertens ist, wie sich aus Rdnr. 44 des vorliegenden Urteils ergibt, das aus der Definition des Begriffs „pharmakologische Mittel“ in der Meddev-Leitlinie hervorgehende Kriterium, wonach die Wechselwirkung u. a. zu einer Blockade der Reaktion mit einem anderen Agens führen muss, im Licht der Definition dieses Begriffs auszulegen, wie sie in der GCDM-Leitlinie enthalten ist. Gemäß dieser letztgenannten Definition muss die Wechselwirkung zwischen dem betreffenden Stoff und dem im Organismus des Verwenders vorhandenen zellulären Bestandteil „physiologische Funktionen oder pathologische Prozesse auslösen, verstärken, verringern oder blockieren“.

 

52 Es steht jedoch fest, dass bei einem Prozess, mit dem ein Stoff dadurch, dass er sich an ein Bakterium bindet, verhindert, dass sich dieses an einen menschlichen zellulären Bestandteil bindet, davon auszugehen ist, dass er eine „Blockade pathologischer Prozesse“ darstellt.

 

53 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass bei einem Stoff, der durch eine reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich diese an menschliche Zellen binden, davon auszugehen ist, dass er eine „pharmakologische Wirkung“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 ausübt.

 

54 Diese Auslegung wird sowohl durch den Zusammenhang, in dem diese Bestimmung steht, als auch durch die mit der Richtlinie 2001/83 verfolgten Ziele bestätigt.

 

55 In Bezug auf den Kontext, in dem Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 steht, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie vorsieht, dass bei Zweifeln an der zutreffenden Klassifizierung eines Erzeugnisses, das sowohl unter die Definition von „Arzneimittel“ im Sinne dieser Richtlinie als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere Rechtsvorschriften der Union geregelt ist, der Anwendung dieser Richtlinie der Vorrang einzuräumen ist.

 

56 Wie der Gerichtshof festgestellt hat, sieht die Richtlinie 2004/27, mit der Art. 2 Abs. 2 in die Richtlinie 2001/83 eingeführt wurde, in ihrem siebten Erwägungsgrund vor, dass, „[d]amit zum einen das Entstehen neuer Therapien und zum anderen die steigende Zahl von so genannten ‚Grenzprodukten‘ zwischen dem Arzneimittelbereich und anderen Bereichen Berücksichtigung finden, … die Begriffsbestimmung des Arzneimittels geändert werden [sollte], um zu vermeiden, dass Zweifel an den anzuwendenden Rechtsvorschriften auftreten, wenn ein Produkt, das vollständig von der Definition des Arzneimittels erfasst wird, möglicherweise auch unter die Definition anderer regulierter Produkte fällt“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2023, Bundesrepublik Deutschland [Nasentropfen], C‑495/21 und C‑496/21, EU:C:2023:34, Rdnr. 30).

 

57 Somit unterliegt ein Erzeugnis, das der Definition des Begriffs „Arzneimittel“ gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchst. a oder b der Richtlinie 2001/83 entspricht, den rechtlichen Regelungen dieser Richtlinie und kann folglich nicht als „Medizinprodukt“ im Sinne der Richtlinie 93/42 eingestuft werden (Urteil vom 19. Januar 2023, Bundesrepublik Deutschland [Nasentropfen], C‑495/21 und C‑496/21, EU:C:2023:34, Rdnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

58 In Bezug auf die von der Richtlinie 2001/83 verfolgten Ziele ist schließlich darauf hinzuweisen, dass mit dieser ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleistet werden soll (Urteil vom 13. Oktober 2022, M2Beauté Cosmetics, C‑616/20, EU:C:2022:781, Rdnr. 41), was auch dem von Art. 168 AEUV verfolgten Ziel entspricht. In diesem Sinne ist, wie aus dem siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/27 hervorgeht, der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/83 so auszulegen, dass hohe Standards bei der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Humanarzneimitteln erreicht werden.

 

59 Daher liefe eine enge Auslegung des Begriffs „pharmakologische Wirkung“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 – wie eine Auslegung, die Wechselwirkungen ausschließt, die, wie im vorliegenden Fall, in einer durch Wasserstoffbrücken vermittelten reversiblen Bindung zwischen einem Stoff und Bakterien bestehen – nicht nur der in Rdnr. 48 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zuwider, sondern würde auch das von dieser Richtlinie verfolgte Ziel gefährden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Oktober 2022, M2Beauté Cosmetics, C‑616/20, EU:C:2022:781, Rdnr. 41).

 

60 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 dahin auszulegen ist, dass bei einem Stoff, der durch eine reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich diese an menschliche Zellen binden, davon auszugehen ist, dass er eine „pharmakologische Wirkung“ im Sinne dieser Bestimmung ausübt.

 

Kosten

 

61 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass bei einem Stoff, der durch eine reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich diese an menschliche Zellen binden, davon auszugehen ist, dass er eine „pharmakologische Wirkung“ im Sinne dieser Bestimmung ausübt.