Verlängerung der Zulassung gegen eine Auflage zur Produktanwendung im Arzneimittelrecht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 13. November 2017

Entscheidungen in Leitsätzen
Az: 13 A 371/15

AMG § 10, § 11

Leitsätze der Redaktion:

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kann die Zulassung für ein Arzneimittel unter der Auflage verlängern, dass auf der äußeren Umhüllung bzw. in der Packungsbeilage unter der Arzneimittelbezeichnung ein Hinweis über den Anwenderkreis (hier: Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene) aufzunehmen ist. Damit stellt das BfArM sicher, dass den Kennzeichnungspflichten der §§ 10, 11 AMG entsprochen ist, da das Arzneimittel nur für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene zugelassen ist.

 

Bei der Festlegung der Anwendungsgebiete – mithin auch des Anwenderkreises – handelt es sich um das zentrale Element der Zulassungsentscheidung, welches nicht mittels einer Änderungsanzeige erweitert werden kann. Nur die Zulassungsentscheidung bestimmt, unter welchen materiellen Voraussetzungen das Arzneimittel zugelassen ist.

 

Bei der Verpflichtung, direkt unter die Bezeichnung des Arzneimittels einen Hinweis über den Anwenderkreis aufzunehmen, handelt es sich demnach nicht um eine Einschränkung des Anwendungsgebietes, sondern (nur) um eine „echte Auflage“, die für Konformität zwischen Zulassungsinhalt und den Angaben der Informationstexte sorgt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 VwGO) liegen nach den insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht vor.

 

I. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 2 BvR 758/07 -, juris, Rn. 96). Hieran fehlt es.

 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verlängerte die Zulassungen der Klägerin für ihr in verschiedenen Stärken vertriebenes Arzneimittel  M. -U. K. I. (Kombinationspräparate mit den Wirkstoffen Levothyroxin-Natrium und Kaliumiodid) mit der Auflage, gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG in den Texten gemäß §§ 10 und 11 AMG direkt unter die Bezeichnung des Arzneimittels einen Hinweis über den Anwenderkreis (hier Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene) aufzunehmen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass die Auflage, mit der der Klägerin die Angabe des Anwenderkreises unter der Bezeichnung des Arzneimittels auf der äußeren Umhüllung aufgegeben werde, ihre Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde. Soweit es um den Text der Packungsbeilage (§ 11 AMG) gehe, sei Rechtsgrundlage der Auflage § 28 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG. Die danach erforderlichen Voraussetzungen für den Erlass der Auflage lagen vor. Die streitgegenständlichen Arzneimittel seien nicht für Patienten unter 14 Jahren zugelassen. Die Zulassungsbegründung stellt dies nicht durchgreifend in Frage.

 

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass durch die Auflage sichergestellt wird, dass die äußere Umhüllung bzw. die Packungsbeilage den Kennzeichnungspflichten der §§ 10, 11 AMG entspricht, da die streitgegenständlichen Arzneimittel (nur) für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene bestimmt sind, so dass gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG ein entsprechender Hinweis über den Anwenderkreis erforderlich ist.

 

a. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG, auf den § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) AMG Bezug nimmt, dürfen Fertigarzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf der äußeren Umhüllung in gut lesbarer Schrift, allgemeinverständlich in deutscher Sprache und auf dauerhafte Weise und in Übereinstimmung mit den Angaben nach § 11a AMG angegeben sind die Bezeichnung des Arzneimittels, gefolgt von der Angabe der Stärke und der Darreichungsform und, soweit zutreffend, dem Hinweis, dass es zur Anwendung für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene bestimmt ist, es sei denn, dass diese Angaben bereits in der Bezeichnung enthalten sind. Bei der Frage, für welchen Anwenderkreis ein Arzneimittel bestimmt ist, ist in erster Linie das Zulassungsverfahren bzw. die Zulassungsentscheidung in den Blick zu nehmen. Die Erteilung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung ist antragsgebunden, wobei der arzneimittelrechtliche Antrag auch die äußeren Grenzen der Zulassungsentscheidung markiert. Es ist der Zulassungsbehörde daher verwehrt, die Zulassung für ein anderes als das beantragte Anwendungsgebiet – mithin auch der Anwenderkreis – zu erteilen. Vgl. Fleischfresser/Fuhrmann, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2015, § 7, Rn. 7.

 

Wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht betont hat, ergibt sich aus den Zulassungsanträgen der Klägerin eindeutig, dass die Anwendung der Produkte auf Jugendliche (ab 14 Jahren) und Erwachsene ausgerichtet war. Entsprechend beschränkten sich die ursprünglichen Zulassungen aus den Jahren 2001 (100 µg/ 100 µg) sowie 2003 und 2004 (50 – 150 µg/150 µg) für die streitgegenständlichen Präparate der Klägerin antragsgemäß auf die Anwendergruppen Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

 

(1.) Beim Präparat M. -U.       K.    I.      100 µg/100 µg benannte die Klägerin bei der Formulierung des Anwendungsgebiets als Anwender, ohne weitere Altersdifferenzierung, Jugendliche und Erwachsene und teilte für diese Personengruppen (gleichlautende) Dosierungsangaben mit. Die Anwendung bei Kindern wurde zunächst – später erfolgte bei der Gebrauchsinformation sogar ein Hinweis in den Gegenanzeigen – nicht thematisiert, obwohl dies, wollte man auch für diese Personengruppe eine Zulassung erreichen, erforderlich gewesen wäre. Besonders deutlich wird dies bei dem Textentwurf für die Fachinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels). Dieser ist gem. § 22 Abs. 7 AMG dem Zulassungsantrag beizufügen. Gem. § 11 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 b AMG muss die Fachinformation unter anderem folgende klinische Angaben erhalten: Dosierung und Art der Anwendung bei Erwachsenen und, soweit das Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern bestimmt ist, bei Kindern. Weder in dem den Antrag beigefügten Text der Fachinformation noch in dem der Packungsbeilage befinden sich Angaben zur Dosierung bei Kindern. Dies gilt sowohl für den ursprünglichen Antrag vom 12. August 1998 wie auch für die Nachlieferung vom 17. Mai 1999 auf Grund des Mängelschreibens vom 18. März 1999. Eine Zulassung für Kinder war somit zu keinem Zeitpunkt beantragt. Es kann dahinstehen, bis zu welchem Alter arzneimittelrechtlich von Kindern auszugehen ist, insbesondere ob bis zum Alter von 14 Jahren von Kindern oder z. B. bereits ab zwölf Jahren von Jugendlichen auszugehen ist. Zwar ist im Zulassungsantrag für M. -U.       K. I.      100 µg/100 µg kein ausdrückliches Alter für die Jugendlichen genannt, die Bezugnahme auf das 14. Lebensjahr entspricht aber sowohl den üblichen gesetzlichen Definition (vgl. § 1 Abs. 2 JGG sowie § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) als auch insbesondere der (späteren) Handhabung durch die Klägerin bei den M. -U.       K.    I. Produkten. So sahen die bereits 1999, mithin deutlich vor Zulassung des Produktes M. -U. K.    I. 100 µg/100 µg, eingereichten Zulassungsanträge für die Arzneimittel mit anderen Stärken sowohl in der Gebrauchs- als auch in der Fachinformation eine Gegenanzeige für Jugendliche unter 14 Jahren vor. Beim Präparat M. -U.       K. I.      100 µg/100 µg wurde (erstmals) mit Änderungsanzeige vom 28. April 2004 unter den Überschriften "Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise" bzw. "Gegenanzeigen" Hinweise für Jugendliche unter 14 Jahren in den Informationstexten aufgenommen. Entsprechend kann nur davon ausgegangen werden, dass (auch) für das Präparat M. -U.       K.    I.      100 µg/100 µg die Zulassung für Jugendliche erst ab 14 Jahren beantragt wurde.

 

(2.) Die Zulassungsanträge für die M. -U.       K.    I. Präparate mit anderen Stärken sehen nicht nur keine Dosierungsangabe für Kinder vor, sondern sogar eine Gegenanzeige für Jugendliche unter 14 Jahren. Allein dies lässt nur den Rückschluss zu, dass keine Zulassung der Arzneimittel für Personen unter 14 Jahren beantragt war.

 

b. Da die Arzneimittel aufgrund der Zulassungsunterlagen der Klägerin und dementsprechend der Zulassungsentscheidung des BfArM von vornherein (nur) für die Anwendung bei Jugendlichen ab 14 Jahren und Erwachsenen bestimmt waren, konnte auch durch die Änderungsanzeige vom 29. Juni 2009, mit welcher die Klägerin die Verschiebung des Hinweises auf Jugendliche unter 14 Jahren von dem Punkt 4.3 "Gegenanzeigen" unter den Punkt 4.4 "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung" vornahm und welcher das BfArM unter dem 25. Januar 2011 zustimmte, nicht zu einer Ausweitung des Anwenderkreises führen. Zutreffend weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass es sich bei der Festlegung der Anwendungsgebiete – mithin auch des Anwenderkreises – um das zentrale Element der Zulassungsentscheidung handelt, welches nicht mittels einer Änderungsanzeige erweitert werden kann. Nur die Zulassungsentscheidung bestimmt, unter welchen materiellen Voraussetzungen das Arzneimittel zugelassen ist. Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2010 – 3 C 19.09 -, juris, Rn. 11, m. N. Für die Hinzufügung einer Indikation (hier für Kinder bzw. Jugendliche unter 14 Jahren) besteht dementsprechend gem. § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AMG – spiegelbildlich zu § 29 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 AMG – eine Neuzulassungspflicht.

 

c. Angesichts vorstehender Ausführungen ist es für die Frage, ob die streitgegenständlichen Arzneimittel (nur) für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene bestimmt sind, ohne Relevanz, ob bei den Originalpräparaten einschränkende Hinweise zum Anwenderkreis in den Fach- bzw. Gebrauchsinformationen bzw. auf der äußeren Hülle vorhanden sind.

 

2. Das BfArM durfte zur Sicherstellung der Kennzeichnungspflicht eine entsprechende Auflage erteilen.

 

a. Bei der Verpflichtung, direkt unter die Bezeichnung des Arzneimittels einen Hinweis über den Anwenderkreis (hier Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene) aufzunehmen, handelt es sich nach dem oben Gesagten nicht um eine Einschränkung des Anwendungsgebietes, sondern (nur) um eine "echte Auflage", die für Konformität zwischen Zulassungsinhalt und den Angaben der Informationstexte sorgt.

 

b. Der Hinweis – es handelt sich nicht um einen Warnhinweis – ist auch im Sinne einer präventiven Gefahrenabwehr erforderlich, um eine mittelbare oder unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von Menschen zu verhindern. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Einnahme eines Medikamentes, welches laut Zulassungsunterlagen nur für eine bestimmte Personengruppe bestimmt ist, dessen Wirkung auf eine andere (im Übrigen besonders schutzbedürftige) Personengruppe mithin im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht umfassend überprüft wurde, eine entsprechende Gesundheitsgefährdung mit sich bringen kann.

 

c. Für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Willkürverbot ist nichts ersichtlich. Aus dem Umstand, dass möglicherweise bei entsprechenden Produkten der Konkurrenten der Klägerin eine solche Auflage nicht möglich ist, da die Zulassungen bereits letztmalig verlängert wurden, kann die Klägerin – selbstverständlich – nichts zu ihren Gunsten herzuleiten. Es lässt insbesondere die Pflicht des BfArM, gegen arzneimittelrechtswidrige Zustände einzuschreiten, unberührt. Im Übrigen wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im verwaltungsgerichtlichem Urteil (Bl. 13 ff.) verwiesen.

 

17 II. Auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat.

 

18 Diesen Anforderungen genügt die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

 

19 "ob der Ausschluss eines ganzen Anwenderkreises in der Fachinformation außerhalb der Abschnitte 4.1 ‚Anwendungsgebiete? und 4.3 ‚Gegenanzeigen? verankert werden kann"

 

20 nicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage ist nach den obigen Ausführungen nicht entscheidungsrelevant, da es nicht um den Ausschluss eines Anwenderkreises, Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 2. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

 

21 Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

 

22 Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 40.000,00 Euro festgesetzt.

 

23 Text der Entscheidung:

 

24 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 VwGO) liegen nach den insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht vor.

 

25 I. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.

 

26 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 2 BvR 758/07 -, juris, Rn. 96.

 

27 Hieran fehlt es.

 

28 Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verlängerte die Zulassungen der Klägerin für ihr in verschiedenen Stärken vertriebenes Arzneimittel M. -U.      K.   I.     mit der Auflage, gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG in den Texten gemäß §§ 10 und 11 AMG direkt unter die Bezeichnung des Arzneimittels einen Hinweis über den Anwenderkreis (hier Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene) aufzunehmen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass die Auflage, mit der der Klägerin die Angabe des Anwenderkreises unter der Bezeichnung des Arzneimittels auf der äußeren Umhüllung aufgegeben werde, ihre Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde. Soweit es um den Text der Packungsbeilage (§ 11 AMG) gehe, sei Rechtsgrundlage der Auflage § 28 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG. Die danach erforderlichen Voraussetzungen für den Erlass der Auflage lagen vor. Die streitgegenständlichen Arzneimittel seien nicht für Patienten unter 14 Jahren zugelassen. Die Zulassungsbegründung stellt dies nicht durchgreifend in Frage.

 

29 1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass durch die Auflage sichergestellt wird, dass die äußere Umhüllung bzw. die Packungsbeilage den Kennzeichnungspflichten der §§ 10, 11 AMG entspricht, da die streitgegenständlichen Arzneimittel (nur) für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene bestimmt sind, so dass gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG ein entsprechender Hinweis über den Anwenderkreis erforderlich ist.

 

30 a. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG, auf den § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) AMG Bezug nimmt, dürfen Fertigarzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf der äußeren Umhüllung in gut lesbarer Schrift, allgemeinverständlich in deutscher Sprache und auf dauerhafte Weise und in Übereinstimmung mit den Angaben nach § 11a AMG angegeben sind die Bezeichnung des Arzneimittels, gefolgt von der Angabe der Stärke und der Darreichungsform und, soweit zutreffend, dem Hinweis, dass es zur Anwendung für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene bestimmt ist, es sei denn, dass diese Angaben bereits in der Bezeichnung enthalten sind. Bei der Frage, für welchen Anwenderkreis ein Arzneimittel bestimmt ist, ist in erster Linie das Zulassungsverfahren bzw. die Zulassungsentscheidung in den Blick zu nehmen. Die Erteilung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung ist antragsgebunden, wobei der arzneimittelrechtliche Antrag auch die äußeren Grenzen der Zulassungsentscheidung markiert. Es ist der Zulassungsbehörde daher verwehrt, die Zulassung für ein anderes als das beantragte Anwendungsgebiet – mithin auch der Anwenderkreis – zu erteilen. Vgl. Fleischfresser/Fuhrmann, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2015, § 7, Rn. 7.

 

31 Wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht betont hat, ergibt sich aus den Zulassungsanträgen der Klägerin eindeutig, dass die Anwendung der Produkte auf Jugendliche (ab 14 Jahren) und Erwachsene ausgerichtet war. Entsprechend beschränkten sich die ursprünglichen Zulassungen aus den Jahren 2001 (100 µg/ 100 µg) sowie 2003 und 2004 (50 – 150 µg/150 µg) für die streitgegenständlichen Präparate der Klägerin antragsgemäß auf die Anwendergruppen Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

 

32 (1.) Beim Präparat M. -U.       K.    I.      100 µg/100 µg benannte die Klägerin bei der Formulierung des Anwendungsgebiets als Anwender, ohne weitere Altersdifferenzierung, Jugendliche und Erwachsene und teilte für diese Personengruppen (gleichlautende) Dosierungsangaben mit. Die Anwendung bei Kindern wurde zunächst – später erfolgte bei der Gebrauchsinformation sogar ein Hinweis in den Gegenanzeigen – nicht thematisiert, obwohl dies, wollte man auch für diese Personengruppe eine Zulassung erreichen, erforderlich gewesen wäre. Besonders deutlich wird dies bei dem Textentwurf für die Fachinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels). Dieser ist gem. § 22 Abs. 7 AMG dem Zulassungsantrag beizufügen. Gem. § 11 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 b AMG muss die Fachinformation unter anderem folgende klinische Angaben erhalten: Dosierung und Art der Anwendung bei Erwachsenen und, soweit das Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern bestimmt ist, bei Kindern. Weder in dem den Antrag beigefügten Text der Fachinformation noch in dem der Packungsbeilage befinden sich Angaben zur Dosierung bei Kindern. Dies gilt sowohl für den ursprünglichen Antrag vom 12. August 1998 wie auch für die Nachlieferung vom 17. Mai 1999 auf Grund des Mängelschreibens vom 18. März 1999. Eine Zulassung für Kinder war somit zu keinem Zeitpunkt beantragt. Es kann dahinstehen, bis zu welchem Alter arzneimittelrechtlich von Kindern auszugehen ist, insbesondere ob bis zum Alter von 14 Jahren von Kindern oder z. B. bereits ab zwölf Jahren von Jugendlichen auszugehen ist. Zwar ist im Zulassungsantrag für M. -U.       K. I.      100 µg/100 µg kein ausdrückliches Alter für die Jugendlichen genannt, die Bezugnahme auf das 14. Lebensjahr entspricht aber sowohl den üblichen gesetzlichen Definition (vgl. § 1 Abs. 2 JGG sowie § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) als auch insbesondere der (späteren) Handhabung durch die Klägerin bei den M. -U.       K.    I. Produkten. So sahen die bereits 1999, mithin deutlich vor Zulassung des Produktes M. -U. K.    I. 100 µg/100 µg, eingereichten Zulassungsanträge für die Arzneimittel mit anderen Stärken sowohl in der Gebrauchs- als auch in der Fachinformation eine Gegenanzeige für Jugendliche unter 14 Jahren vor. Beim Präparat M. -U.       K. I.      100 µg/100 µg wurde (erstmals) mit Änderungsanzeige vom 28. April 2004 unter den Überschriften "Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise" bzw. "Gegenanzeigen" Hinweise für Jugendliche unter 14 Jahren in den Informationstexten aufgenommen. Entsprechend kann nur davon ausgegangen werden, dass (auch) für das Präparat M. -U.       K.    I.      100 µg/100 µg die Zulassung für Jugendliche erst ab 14 Jahren beantragt wurde.

 

33 (2.) Die Zulassungsanträge für die M. -U.       K.    I. Präparate mit anderen Stärken sehen nicht nur keine Dosierungsangabe für Kinder vor, sondern sogar eine Gegenanzeige für Jugendliche unter 14 Jahren. Allein dies lässt nur den Rückschluss zu, dass keine Zulassung der Arzneimittel für Personen unter 14 Jahren beantragt war.

 

34 b. Da die Arzneimittel aufgrund der Zulassungsunterlagen der Klägerin und dementsprechend der Zulassungsentscheidung des BfArM von vornherein (nur) für die Anwendung bei Jugendlichen ab 14 Jahren und Erwachsenen bestimmt waren, konnte auch durch die Änderungsanzeige vom 29. Juni 2009, mit welcher die Klägerin die Verschiebung des Hinweises auf Jugendliche unter 14 Jahren von dem Punkt 4.3 "Gegenanzeigen" unter den Punkt 4.4 "Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung" vornahm und welcher das BfArM unter dem 25. Januar 2011 zustimmte, nicht zu einer Ausweitung des Anwenderkreises führen. Zutreffend weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass es sich bei der Festlegung der Anwendungsgebiete – mithin auch des Anwenderkreises – um das zentrale Element der Zulassungsentscheidung handelt, welches nicht mittels einer Änderungsanzeige erweitert werden kann. Nur die Zulassungsentscheidung bestimmt, unter welchen materiellen Voraussetzungen das Arzneimittel zugelassen ist. Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2010 – 3 C 19.09 -, juris, Rn. 11, m. N. Für die Hinzufügung einer Indikation (hier für Kinder bzw. Jugendliche unter 14 Jahren) besteht dementsprechend gem. § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AMG – spiegelbildlich zu § 29 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 AMG – eine Neuzulassungspflicht.

 

35 c. Angesichts vorstehender Ausführungen ist es für die Frage, ob die streitgegenständlichen Arzneimittel (nur) für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene bestimmt sind, ohne Relevanz, ob bei den Originalpräparaten einschränkende Hinweise zum Anwenderkreis in den Fach- bzw. Gebrauchsinformationen bzw. auf der äußeren Hülle vorhanden sind.

 

36 2. Das BfArM durfte zur Sicherstellung der Kennzeichnungspflicht eine entsprechende Auflage erteilen.

 

37 a. Bei der Verpflichtung, direkt unter die Bezeichnung des Arzneimittels einen Hinweis über den Anwenderkreis (hier Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene) aufzunehmen, handelt es sich nach dem oben Gesagten nicht um eine Einschränkung des Anwendungsgebietes, sondern (nur) um eine "echte Auflage", die für Konformität zwischen Zulassungsinhalt und den Angaben der Informationstexte sorgt.

 

38 b. Der Hinweis – es handelt sich nicht um einen Warnhinweis – ist auch im Sinne einer präventiven Gefahrenabwehr erforderlich, um eine mittelbare oder unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von Menschen zu verhindern. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Einnahme eines Medikamentes, welches laut Zulassungsunterlagen nur für eine bestimmte Personengruppe bestimmt ist, dessen Wirkung auf eine andere (im Übrigen besonders schutzbedürftige) Personengruppe mithin im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht umfassend überprüft wurde, eine entsprechende Gesundheitsgefährdung mit sich bringen kann.

 

39 c. Für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Willkürverbot ist nichts ersichtlich. Aus dem Umstand, dass möglicherweise bei entsprechenden Produkten der Konkurrenten der Klägerin eine solche Auflage nicht möglich ist, da die Zulassungen bereits letztmalig verlängert wurden, kann die Klägerin – selbstverständlich – nichts zu ihren Gunsten herzuleiten. Es lässt insbesondere die Pflicht des BfArM, gegen arzneimittelrechtswidrige Zustände einzuschreiten, unberührt. Im Übrigen wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im verwaltungsgerichtlichem Urteil (Bl. 13 ff.) verwiesen.

 

40 II. Auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat.

 

41 Diesen Anforderungen genügt die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

 

42 "ob der Ausschluss eines ganzen Anwenderkreises in der Fachinformation außerhalb der Abschnitte 4.1 ‚Anwendungsgebiete? und 4.3 ‚Gegenanzeigen? verankert werden kann"

 

43 nicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage ist nach den obigen Ausführungen nicht entscheidungsrelevant, da es nicht um den Ausschluss eines Anwenderkreises, sondern (nur) um die Kongruenz zwischen Zulassungsinhalt und den Angaben der Informationstexte geht.

 

44 III. Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass auch die Divergenzrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ohne Erfolg bleibt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass ein die angefochtene Entscheidung tragender, d. h. entscheidungserheblicher, abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt würde, der zu einem eben solchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht. Die von der Klägerin zutreffend wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. Juni 2007 – 3 C 39.06 -, juris) und des hiesigen Senats (Urteil vom 11. Februar 2009 – 13 A 2150/06 – , juris), wonach Anordnungen, die ganze Personengruppen von der Anwendung eines Arzneimittels ausschließen, auf der Zulassungsebene selbst erfolgen müssen und nicht zum Gegenstand einer mit der Zulassung verbundenen selbständigen Auflage gemacht werden können, wird durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, welche ausdrücklich auf diese Rechtsprechung Bezug genommen und keinen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat, nicht berührt. Wie bereits dargelegt, ging es vorliegend nicht um den Ausschluss eines Anwenderkreises, sondern um die mittels einer Auflage durchzusetzende Kongruenz zwischen Zulassungsinhalt und den Angaben der Informationstexte.

 

45 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.

 

46 Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).